Ein Besuch bei Christian Maier

Investor und Herz der Bilderbogenpassage

Ich treffe Christian Maier an einem sonnigen Vormittag in der Bilderbogenpassage. Als ich ihn beobachte, fällt mir sofort auf: Hier ist jemand, der nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. In Jeans und T-Shirt, mit wachem Blick und einem festen Handschlag, begrüßt er mich. Noch während wir sprechen, grüßt er Mieter, erkundigt sich nach ihrem Geschäft, nickt Handwerkern zu, die gerade eine Renovierung abschließen. Christian Maier ist mittendrin – als Unternehmer, als Visionär, als Ansprechpartner.

Die Verantwortung für eine ganze Innenstadt

Als er am 1. Januar 2021 die Passage übernahm, stand sie sinnbildlich für den Niedergang vieler Innenstädte: hoher Leerstand, verwaiste Läden, eine Atmosphäre der Tristesse. Doch Maier sah nicht nur, was war – sondern was sein könnte. „Ich habe über Kontakte erfahren, dass die Passage zum Verkauf stand“, erzählt er mir, während wir an einer Glasfassade vorbeigehen, hinter der sich ein moderner Fitnessraum erstreckt. „Nach der Besichtigung war mir klar: Hier steckt Potenzial, das nie ausgeschöpft wurde.“

Gemeinsam mit seinen Söhnen – der eine Architekt, der andere für die Verwaltung zuständig – entschied er sich innerhalb einer Woche für den Kauf. „Es war eine Kopf- aber auch eine Bauchentscheidung“, sagt er mit einem Lächeln. Seither haben sie nicht nur in Mauern, sondern in Ideen investiert. Der Gebäudemix war herausfordernd: die Ladenzeile der Passage, das Geschäftshaus und Mietshäuser, die Hälfte der Gebäude denkmalgeschützt. Der Leerstand lag bei 33 Prozent, sieben der 20 Läden waren verwaist, zum Teil seit mehreren Jahren. „Doch bei der Besichtigung des Geländes sahen wir das Potenzial. Vor allem der Anblick der ungenutzten dritten Etage des Geschäftshauses regte unsere Fantasie an“, erzählt er.

 Neustart mit Mut und klarer Strategie

Das Trio Maier geht unkonventionelle Wege. Während andere Vermieter oft zögerlich sind, hält Christian Maier nichts von langen Entscheidungsprozessen. „Wenn ein Interessent kommt, bekommt er direkt ein individuelles Mietangebot – und wenn wir uns einig sind, kann mein Sohn noch am selben Tag unterschreiben.“ Diese kurzen Wege sind ein großer Vorteil.

Besonders deutlich wird Maiers Hands-on-Mentalität bei der Geschichte der „Rad Passage“. Als sich ein Jungunternehmer für ein Geschäft interessierte, erkannte Maier das Risiko für einen Existenzgründer – und entschied sich, ihm mit einem Darlehen und einer reduzierten Miete unter die Arme zu greifen. „Das Risiko tragen wir gemeinsam“, erklärt er. Heute ist der Fahrradladen so erfolgreich, dass ein zweiter Standort eröffnet wurde.

Von leerstehenden Etagen zur schönsten Arztpraxis der Stadt

Maier zeigt mir eine moderne Arztpraxis im dritten Stock. „Diese Etage lag früher brach“, erzählt er, während wir durch die hellen, neu gestalteten Räume gehen. „Der Kieferorthopäde hier hatte nach einem Jahr Expansionsbedarf – und anstatt klein zu denken, haben wir eine langfristige Lösung geschaffen.“ Eine ähnliche Erfolgsgeschichte gibt es beim Fitnessstudio, das auf Maiers Rat hin wuchs und nun Kursräume und Physiotherapie anbietet.

Zukunftspläne und Herausforderungen

Auch die letzte freie Fläche, für die sich schon die Medizinische Hochschule interessiert hatte, um hier einen Hörsaal einzurichten, ist nun vergeben. Ich erinnere mich noch an die Gespräche mit Christian Maier, als er mir voller Begeisterung von den Plänen erzählte. Am Ende entschied er sich für die Firma Eurowind, einen Projektentwickler für erneuerbare Energien. „Die hatten eine klare Vision – und genau das liebe ich“, sagte er mir damals. Also wurde die Fläche nach ihren Wünschen umgestaltet. Als ich die neuen Büros und Meetingräume betrete, verstehe ich, warum Maier stolz darauf ist. Lichtdurchflutet, modern, mit einer offenen Atmosphäre – „die schönsten der Stadt“, wie er sagt, und ich kann ihm nur zustimmen.

Vom Hörsaal zur Top-Adresse für Unternehmen – und neue Herzensprojekte

Doch es sind nicht nur die großen Projekte, die ihn begeistern. Immer wieder kommen wir auf das zu sprechen, was er seinen „Mix“ nennt – die kleinen, aber besonderen Läden, die der Passage Charakter geben. Er strahlt, als wir vor dem neuen Barbershop stehen. „Das ist genau das, was ich mir hier wünsche: authentisch, mit Handwerk, mit Herz.“ Als wir eintreten, begrüßt ihn der Inhaber mit einem festen Händedruck. Maier ist nicht nur Vermieter, er ist Gastgeber, Mentor, manchmal auch ein bisschen Geschäftspartner. Er weiß, dass eine Innenstadt nicht von großen Mietern allein lebt, sondern von den kleinen, leidenschaftlichen Unternehmern, die sie einzigartig machen.

Wie 2023, erzählt er mir, da wurde der letzte freie Laden aus der Zeit vor seiner Übernahme vergeben – ein Schmuckgeschäft. Maier war natürlich dabei, brachte eine Torte mit und feierte mit der neuen Mieterin. „Das hier ist mehr als nur eine Passage“, sagt er, als wir uns verabschieden. „Das ist ein Zuhause für gute Ideen.“ Und genau das spürt man bei jedem Schritt durch die Bilderbogenpassage.